Schau auf deine linke Seite,

großer, alter, weiser Mann -

blick nicht länger in die Weite,

dein auserwähltes Volk sieh an!

*

Siehst du denn nicht wie sie leiden,

unter ihrem bitt´ren Leben -

brennen in den Eingeweiden,

willst du keinen Frieden geben?

*

Stets auf´s Neu in Krieg verwickelt,

sich zu wehren, wachsam sein -

immer wieder durchgeschüttelt,

Treue stellte längst sich ein.

*

Heiße Tränen strömend fließen,

und das Salz brennt auf der Haut -

Blutbäche sich zum Meer ergießen,

die Welt als einz´ger Schmerzenslaut.

*

Aus den Steinen springen Quellen,

und aus Wasser machst du Wein -

wie lang willst du sie noch quälen,

dürfen sie nie glücklich sein?

*

Im Wüstensand blüht jetzt ein Garten,

der Feind ist zum Freund geworden -

warum willst du denn noch warten,

läßt die Menschen weiter morden?

*

Wann willst du dich denn erbarmen,

deine Vaterpflichten tun -

wann hältst du sie in den Armen,

wo sie endlich können ruh´n?

*

Gibt es dich, bist du da oben,

sende uns dein warmes Licht -

siehst du nicht die Stürme toben,

zeig uns endlich dein Gesicht!

*

(Elisabeth Rosing)